1/22/2008

Episode #01

Sie sitzt im Café. Eben hat sie sich noch angeregt mit anderen über alles und nichts unterhalten - jetzt herrscht Schweigen.
Ihr Gegenüber kritzelt - nein, schreibt auf einem Block - fokussiert, vertieft.
Sie liest in das Buch für die Besprechung rein. Was sind Besonderheiten? Das möchte ihr Gegenüber wissen.
Sie schaut vom Buch auf. "Mir fällt der klare Stil auf."
"Wie bitte?"
"Ich finde den Schreibstil gut. Ist mal was anderes."
"Ist halt 'ne Kurzgeschichte."
"Schon, aber da könnte die Frage aufkommen, was eine Kurzgeschichte definiert."
"Na, offenes Ende, Ich-Erzähler, direkter Einstieg in die Handlung."
"Ja, aber der Stil ist nicht fest definiert. Es gibt viele komplexe, verwirrende Kurzgeschichten."
"Was den Stil betrifft, müsste ich nochmal nachschauen, was in der Literatur steht."
"Na ja, vielleicht hat mich mein Schreibkurs auch zu stark beeinflusst. Da geht es in den Kurzgeschichten immer nur um Mord, vor allem Selbstmord ist beliebt. Alles ist immer so dunkel und die Welt ist schlecht. In dem Buch dagegen, ist es ein klarer Stil. Das ist mal angenehm." Sie versucht die Situation zu entschärfen.
Ihr Gegenüber zeigt keine Reaktion. Fast so, als wäre es auf der einen Seite rein und auf der anderen gleich wieder raus.
Sie gibt es auf. Mit ihrem Gegenüber wird sie nie auf einen Nenner kommen. Ihre Ansichten sind zu verschieden - vielleicht auch zu festgefahren. Wahrscheinlich wird sie ihr Gegenüber nach der Buchbesprechung sowieso nie wieder sehen. So war es bis jetzt immer.

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